Gericht: Tierarztvorbehalt für Homöopathie ist verfassungswidrig

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Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss festgestellt, dass der Tierarztvorbehalt bei der Anwendung registrierter und nicht verschreibungspflichtiger homöopathischer Humanarzneimittel bei Tieren verfassungswidrig ist. Die betreffende Vorschrift im Tierarzneimittelgesetz verstößt gegen die Artikel 2 Absatz 1 und 12 Absatz 1 des Grundgesetzes und ist damit nichtig.

Ab Januar 2022: Tierarztvorbehalt war für Tierheilpraktiker erforderlich

Die Beschwerdeführerinnen sind als Tierheilpraktikerinnen oder Tierhomöopathin tätig und behandeln Tiere mit nicht verschreibungspflichtigen, hochpotenzierten Humanhomöopathika. Laut dem neu eingeführten § 50 Abs. 2 TAMG dürfen sie solche Humanhomöopathika bei Tieren nur noch anwenden, wenn sie zuvor von einer Tierärztin oder einem Tierarzt verschrieben oder abgegeben worden sind. Die Beschwerdeführerinnen sehen darin eine Verletzung ihrer Grundrechte gemäß Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Tierarztvorbehalt in § 50 Abs. 2 TAMG nicht verhältnismäßig ist. Die Vorschrift verletzt die Berufs- und Handlungsfreiheit der Beschwerdeführerinnen und ist gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 des GG nichtig. Der Gesetzgeber hat keinen angemessenen Ausgleich zwischen Tierarztschutz und Berufsfreiheit geschaffen.

Personen ohne tierärztliche Qualifikation durften bis zum 27. Januar 2022 ohne Einschränkungen nicht verschreibungspflichtige Humanarzneimittel bei Tieren anwenden. Seither müssen die Arzneimittel von einem Tierarzt verschrieben oder abgegeben werden, um sie anwenden zu dürfen.

Die Beschwerdeführerinnen haben ihre eigene Praxis als Tierheilpraktikerinnen und Tierhomöopathin seit vielen Jahren. Sie behandeln vor allem Hunde und Katzen, aber auch Pferde und manchmal Kleintiere. Ihre Therapie basiert fast ausschließlich auf klassischer Homöopathie und sie verwenden dabei hochpotenzierte Humanhomöopathika, die registrierungspflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig sind.

§ 50 Abs. 2 TAMG wird von den Beschwerdeführerinnen angefochten. Sie argumentieren, dass ihre Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verletzt wurde. Eine Beschwerdeführerin verletzt auch ihre Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG als Tierhalterin.

Auslegung des § 50 Abs. 2 TAMG im Hinblick auf die Homöopathie

Die Beschwerdeführerinnen können ihre Verfassungsbeschwerden geltend machen, da sie eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG behaupten. Das Tierarzneimittelgesetz hat zwar auch die Umsetzung von EU-Rechtsakten zum Ziel, aber das Bundesverfassungsgericht kann den § 50 Abs. 2 TAMG in dem angegriffenen Umfang prüfen, da er kein vollständig vereinheitlichendes Unionsrecht umsetzt und nicht der Anpassung an verbindliches Unionsrecht dient.

Der Eingriff von § 50 Abs. 2 TAMG in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerinnen als Tierheilpraktikerinnen und Tierhomöopathin ist unangemessen und verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 GG.

Die Anwendung von nicht verschreibungspflichtigen Humanhomöopathika bei Tieren ist gemäß § 50 Abs. 2 TAMG an einen Tierarztvorbehalt gebunden, wodurch die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerinnen eingeschränkt wird.

Obwohl der Tierarztvorbehalt gemäß § 50 Abs. 2 TAMG für die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Humanhomöopathika bei Tieren einen legitimen Zweck verfolgt, kann die Arzneimittelsicherheit nicht als legitimer Zweck herangezogen werden, da es keine ausreichenden Beweise gibt, dass die Anwendung von hochpotenzierten Humanhomöopathika bei Tieren Gefahren birgt.

Der Tierarztvorbehalt soll dazu beitragen, die Qualität von Diagnostik und Therapie bei Heilbehandlungen von Tieren zu erhöhen und Fehldiagnosen sowie Fehlbehandlungen zu vermeiden. Dies dient sowohl dem Tierschutz als auch der Gesundheit von Mensch und Tier. Auch wenn die Gesetzesmaterialien diesen Zweck nicht explizit erwähnen, handelt es sich um einen objektiv vernünftigen und sachlichen Zweck, wie auch die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme betont.

Obwohl der Tierarztvorbehalt zur Erreichung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist, steht er im Widerspruch zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da er die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerinnen unverhältnismäßig einschränkt.

Die Einschränkung hat erhebliche Auswirkungen auf die freie Berufsausübung von Tierheilpraktikern und Tierhomöopathen, die auf die Anwendung von hochpotenzierten Humanhomöopathika angewiesen sind. Eine Tätigkeit auf diesem Gebiet ist nahezu unmöglich geworden.

Der Eingriff in die freie Berufsausübung von Tierheilpraktikern und Tierhomöopathen ist von erheblichem Gewicht, doch dient der Tierarztvorbehalt dem Ziel des Tierschutzes und der Gesundheit von Tier und Mensch. Insbesondere ist der Tierschutz ein wichtiger Gemeinwohlbelang, den der Gesetzgeber durch Art. 20a GG verpflichtend zu berücksichtigen hat.

Die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung ist gering und kann durch Kenntnisnachweis gemindert werden.

Um den Tierschutz und die Gesundheit von Tier und Mensch zu schützen, gibt es im Tierschutzgesetz und im Tiergesundheitsgesetz verschiedene sanktionierte Verhaltens- und Anzeigepflichten. Insbesondere bei gewerblichen Heilbehandlungen kann dies dazu beitragen, dass Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen vermieden werden.

Laut Gesetzgeber ist die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung der geschützten Gemeinwohlbelange gering. Aus diesem Grund akzeptiert er mögliche Risiken im Zusammenhang mit anderen Heilbehandlungen für Tiere.

Die Anwendung von Heilbehandlungen durch Tierheilpraktiker und Tierhomöopathen birgt gewisse Risiken für den Tierschutz und die Gesundheit von Tier und Mensch, da diese Personen nicht über eine Approbation verfügen und somit nicht die gleiche Qualität in Diagnostik und Therapie bieten können wie ein Tierarzt. Die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Tierarzneimittel und alternativer Heilmethoden ist ebenfalls nicht unter einen Tierarztvorbehalt gestellt und wird von Personen ohne spezifische Ausbildung durchgeführt, was das Risiko von Fehldiagnosen, Fehlbehandlungen und unerkannten Infektionskrankheiten erhöht.

Eine Reduktion der Gefahren bei der Anwendung von nicht verschreibungspflichtigen Humanhomöopathika bei Tieren durch nichtärztliche Personen kann erreicht werden, indem Kenntnisse zur Einschätzung der Notwendigkeit einer Tierarzt-Konsultation verlangt werden.

Der Tierarztvorbehalt für die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Humanhomöopathika bei Tieren erscheint angesichts der als nicht sehr groß einzuschätzenden Gefahren nicht mehr angemessen. Eine Pflicht zum Nachweis theoretischer Kenntnisse in der Tierheilkunde kann dazu beitragen, die Risiken weiter zu minimieren. Allerdings würde dies zu einer erheblichen Einschränkung der Berufsfreiheit von Tierheilpraktikern führen, die sich auf die klassische Homöopathie beschränken.

Die Anordnung des Tierarztvorbehalts für nicht verschreibungspflichtige Humanhomöopathika bei Tieren durch Tierhalter stellt eine unverhältnismäßige Einschränkung der Handlungsfreiheit dar.

Die Anordnung des Tierarztvorbehalts für Tierhalterinnen und Tierhalter, die ihre Tiere mit nicht verschreibungspflichtigen Humanhomöopathika behandeln, greift unangemessen in deren allgemeine Handlungsfreiheit ein. Obwohl der Vorbehalt dazu dient, die Qualität von Diagnostik und Therapie zu sichern, ist er nicht mehr verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Regelung ist nicht geeignet, den legitimen Zweck zu erreichen und stellt eine unangemessene Belastung der Grundrechtsträger dar.

Auch wenn der Eingriff in die Handlungsfreiheit von Tierhaltern, die ihre Tiere mit klassischer Homöopathie behandeln, zunächst geringer erscheint, sind die Sicherungen des Tierschutzgesetzes von entscheidender Bedeutung. Vor allem in schwerwiegenden Fällen verringern sie das Risiko von Schäden für Tier und Mensch.

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